HUHNglaublich

Warum sind wir so verrückt nach diesen Hühnern?

Ich versuche es mal zu erklären: Hühner sind handlicher als unsere Pferde, sind schneller in ihren Bewegungen und reagieren ganz genauso wie alle anderen Individuen auch – dadurch werden sie zu perfekten Trainingspartnerinnen. Ganz nebenbei konnte ich durch das Training mit Hühnern mein Kindheitstrauma aufarbeiten. Als zweijährige hat ein Huhn in einem Vogelpark meinen kleinen Finger mit einem Würmchen verwechselt. Seitdem hatte ich ordentlich Respekt vor den kleinen festen Schnäbeln.

Lerntheorie erleben

Doch das ist seit 2014 Geschichte, denn da begann mein Training mit Hühnern über positive Verstärkung bei Viviane Theby in der Eifel und Nina Steigerwald in Niedersachsen. In den fünf aufeinander aufbauenden Hühner-Modulen lernen Tiertrainer so ziemlich alles über die Lerntheorie. Aufgeteilt in kurze theoretische Elemente und lange Praxisphasen mit den Hühnern zusammen. Es wird gemeinsam geplant, trainiert und reflektiert. Es steckt aber noch viel mehr dahinter.

Sitz, Platz, Fuß – weglassen

Das Huhn muss im Umgang mit dem Menschen kein Grundgehorsam lernen, so geht man viel freier an das Training und hat erstmal keine Erwartungen an das Tier. Deshalb geht es im Training mit dem Huhn auch in erster Linie darum, die eigenen Trainerfähigkeiten zu verbessern und auszubauen. Das Training mit positiver Verstärkung ist gleichzusetzen mit Krafttraining. Wir lassen unseren Bizeps durch gut strukturiertes Training wachsen und genauso wachsen unsere Trainerfertigkeiten im Training.

Trainerkompetenzen

Die oben beschriebene Schnelligkeit der Hühner schult unsere Koordination, die Beobachtungsgabe und das Timing. Das bedeutet, dass wir im richtigen Moment die Belohnung mit dem Clicker ankündigen. Damit wir schnell reagieren können, ist es wichtig, sich vorab Gedanken zu dem gewünschten Verhalten zu machen. Wie soll das Verhalten ausgeführt werden und welches Verhalten wird von mit verstärkt?  Wo möchte ich das Huhn nach dem Click füttern, um es in eine günstige Position zu bringen – oder in die Position, die ich mir von ihm wünsche? Das alles wird vorab in einem gut durchdachten Trainingsplan festgehalten. Dabei ist es wichtig, in kleinen Trainingsschritten vorzugehen. So vermeiden wir Frustration und Überforderung beim Huhn und es bleibt motiviert bei der Arbeit.

Beziehung – ein Fakt

Ein weiterer Punkt, weshalb das Training mit Hühnern bereichert, ist, dass man in der ersten Trainingseinheit noch keine emotionale Beziehung zum Huhn aufgebaut hat. So fällt es leichter, wertfrei Verhalten zu beschreiben und Interpretationen zu vermeiden. Ich schreibe bewusst, dass dies in der ersten Einheit noch der Fall ist. Danach wird es nämlich schwieriger, sich den objektiven Blick beizubehalten. Denn schnell sprechen diese wunderbaren Geschöpfe unsere Emotionen an. Jedenfalls war das bei mir so – und dann schlägt die Interpretations-Falle immer gerne wieder zu. Um es an einem Beispiel fest zu machen: Eine Schülerin beschreibt ihre Beobachtung in der ersten Einheit mit dem Huhn etwa mit den Worten „Huhn hebt das Bein in Richtung Tunnel innerhalb einer viertel Sekunde an. Danach bleibt es vor dem Tunnel stehen.“
Am fünften Tag kann ihre Beschreibung dann etwas persönlicher ausfallen, etwa: „Hildegard hebt ihr Bein in Richtung Tunnel innerhalb einer viertel Sekunde an. Jetzt zögert sie und bleibt stehen, wahrscheinlich hat sie Angst vor dem dunklen Tunneleingang.“
Wenn wir ehrlich sind, können wir in dem oben beschriebenen Beispiel nur erahnen, warum sich das Huhn so verhält. Es kann einfach daran liegen, dass Hildegard immer wieder im Stehen geclickt wurde. In dem Fall hätte sie gelernt, dass sich das Stehen für sie lohnt (auch vor dem Tunnel). Insofern ist es wichtig, genau hinzuschauen, wertfrei zu beschrieben, was das Huhn macht, einen kleinschrittigen Trainingsplan aufzusetzen und zu dokumentieren, wofür geclickt wurde. Wer dies beherzigt, wird Hildegard schneller beibringen, zügig durch den Tunnel zu gehen.

2020 – unser Jahr der Hühner

Hatte ich bislang nur punktuell bei den Hühnermodulen die Möglichkeit, mit meinen gefiederten Freunden zu trainieren, habe ich im September – Dank meiner Trainerkollegin Corinna Lenz – für etwas Regelmäßigkeit sorgen können. Corinna, die sich eigentlich auf Hunde spezialisiert hat, besitzt seit April 2020 Hühner. Mit Poulette, WildeHilde und Emma trainieren wir nun zweimal wöchentlich, um unsere Trainingskompetenz weiter auszubauen.

Vorteile, die wir schon jetzt aus dem Hühner-Training ziehen sehe ich Folgende:

  • Schritte gemeinsam reflektieren – vier Augen sehen mehr als zwei
  • Einer zählt und dokumentiert
  • der andere konzentriert sich komplett auf das Training
  • Trainingsschritte vorab ohne Huhn ausprobieren und besprechen
  • Trainingsmethoden testen

Wir haben tatsächlich immer wieder altbekannte und völlig neue Erkenntnisse. Was der eine bereits verinnerlicht hat, ist dem anderen wieder entfallen. Das ist einfach wunderbar, weil wir so immer sensibler für den Einsatz verschiedener Methoden werden und diese miteinander kombinieren.

HUHNglaublich für alle

Neben dem Hauptziel, uns als Trainerinnen weiterzuentwickeln, entstehen bei unseren Trainings-Treffen kurze Clips über das Training mit positiver Verstärkung. Wir wollen zeigen, wozu Hühner in der Lage sind – wenn denn die Trainer in der Lage sind, ihnen das gewünschte Verhalten gut zu vermitteln.

Bei Interesse, freuen wir uns über Euer Folgen bei Instagram, wo wir unter HUHNglaublich zu finden sind. Hast Du Fragen oder Anregungen zum Training mit Hühnern? Dann freuen wir uns hier über Deine Nachricht an uns.